Sighard Gille
26.03. – 22.05.2011
Malerei
Die Ausstellung ermöglicht punktuelle Einblicke in das malerische Schaffen des Leipziger Künstlers Sighard Gille, konzentriert auf die letzten fünf Jahre, rückreichend bis 1997/98. Auftakt wie Erinnerung ist das vor der Wende gemalte Bild, Fete in Leipzig II. Die MalereienFree pigs und Juglans regia stehen hier für jeweils einen der beiden Pole, zwischen denen sich Gilles vielseitiges malerisches Werk entfaltet. Es ist zum einen das Welt- und Zeitbild, gekleidet häufig in groteske bis paradoxe Szenerien, zum anderen das Stilleben, das formal längst aus allen tradierten Fesseln gewachsen, in extremen Nahsichten das Wunder alles Lebendigen aufscheinen lässt. Beide Pole ergänzen und berühren einander, können ebenso in einem Bild zusammentreffen. Auch Porträts, Aktdarstellungen und Stadtansichten finden dazwischen ihren Raum. Gilles Bilder sind von intensiver Farbigkeit, kraftvoll, wobei die Sinnlichkeit, die seine Malereien abstrahlen, eine existentielle ist. Es geht um das Sein in seiner ganzen Fülle, um Wachsen und Vergehen, Begehren und Loslassen. Trotz seines bisweilen expressiv gestischen Farbauftrags malt er überlegt, zögert, kann warten, misstraut allzu schnellem Gelingen. Die haptische Struktur der Malerei ist ihm wichtig, sie kann Arbeitsspuren aufzeigen, darauf hinweisen, dass es ein Bild ist, etwas Gemachtes, Erschaffenes, nicht die Illusion von dem was man sieht und zu kennen meint, sondern eine besondere Haltung zu dem, was das Bild darstellt. Anregungen findet Gille überall, das kann ein Gesicht sein, ein Körper, ein blühender Strauch, eine Blüte, eine Frucht, eine Landschaft oder ein Foto, ein Film, auch mal eine Zeitungsmeldung, ein Kneipenbesuch. Diese sinnlichen Begegnungen braucht der Künstler, sie stimulieren ihn, geben ihm Kraft, fordern ihn heraus. Er kann Welt nur so wahrnehmen, sie trifft ihn nur auf diese unmittelbare Weise. Wie eine Grundierung unterliegt Gilles Malereien das Zeichnen. Über das Zeichnen, sei es vor dem Modell oder aus der Erinnerung heraus frei assoziierend, wachsen die Vorstellungen für das zu Malende. Es ist für ihn eine Art Selbstvergewisserung, so und nicht anders in der Welt zu sein. Seine über hundert Skizzenbücher zeugen, neben der Unmenge freier Zeichnungen aller Art, von diesem Tun. Das Faksimile eines dieser Skizzenbücher, herausgegeben von der Leipziger Sparkasse, gibt erstmals Einblick in diesen Bereich seines Schaffens. Beigegeben ist ihm eine Broschüre mit einem Text von Barbara Steiner.
Biografie
Sighard Gille ist 1941 in Eilenburg geboren. Nach dem Abitur, einem abgebrochenen Studium der Landwirtschaft an der Humboldt- Universität Berlin, arbeitet er in verschiedenen Jobs in Leipzig, macht einen Abschluss als Porträtfotograf und bekommt nach vergeblichen Bewerbungen den ersehnten Studienplatz an der HGB. Er studiert bei den Professoren B. Heisig und W. Mattheuer, schließt ein Meisterschülerstudium bei B. Heisig an der Akademie der Künste Berlin an, arbeitet danach freischaffend in Leipzig. Seit 1976 ist er Assistent an der HGB, hört wieder auf, um von 1980 bis 81 seinen »Gesang vom Leben« an die Deckenschräge des Gewandhauses zu malen. Danach beginnt er mit dem Bau lebensgroßer Gips-Figuren, kombiniert diese zum Teil mit Bildern und wendet sich Mitte der 80er Jahre in seiner Malerei wieder verstärkt der Farbe zu, beendet damit eine eher beruhigte malerische Zwischenphase. Er arbeitet seit 1986 als Dozent an der HGB, wo er 1991 zum Professor berufen wird und an der Ausbildung der »Neuen Leipziger Malerschule« mit beteiligt ist. In den 90er Jahren »wildert« Gille aus, ein dreizehnfiguriges Objekt entsteht, er macht sein erstes Pinholecamera-Buch, malt »Tischbilder «, die »Tränenden Madonnen«, die »White-New-York-Bilder«, eine Vielzahl von Aktmalereien, gefolgt von der Serie der »Mundköpfe «, Bildern zu »Jerusalem« und den »Gothics«. 2006 wird er emeritiert und malt unter Hochdruck in seinem Leipziger Atelier. Es entstehen u.a. seine Tabledance-Bilder, weitere seiner Porträtköpfe und die großen Pflanzen-Stilleben.